Es sind unruhige Tage in Kolumbien. Nach mehreren Jahren Verhandlungen stimmte das kolumbianische Volk in dieser Woche gegen einen Friedensvertrag zwischen dem staatlichen Militär und der linken Rebellengruppe FARC. Santiago Monsalve Yepes kommt aus der kolumbianischen Metropole Medellin und studiert dort Medizin. Der 21-Jährige verfolgt das politische Geschehen in seinem Land intensiv und hat eine genaue Meinung dazu, was in seinem Land vorgeht. Santiago, hast du damit gerechnet, dass das Volk den Friedensvertrag ablehnt? Ich habe so ein Ergebnis überhaupt nicht erwartet. Selbst die Leute, die gegen den Friedensvertrag waren, haben nicht damit gerechnet. Es war eine große Überraschung. Wie sehen junge Menschen wie du die Diskussion um die Verhandlungen? Die meisten jungen Leute haben für den Friedensvertrag gestimmt. Am Mittwoch gab es sogar einen Protest gegen das Ergebnis und den Krieg in Kolumbien, der größtenteils von Studenten verschiedener Universitäten Kolumbiens organisiert wurde. Direkte Auswirkungen hat das Ergebnis der Wahl auf uns aber noch nicht. Was ist deine persönliche Meinung zu den Wahlen? 63 Prozent der Wahlberechtigten haben nicht gewählt. Das ist Wahnsinn! Außerdem verbreitete die „No“-Kampagne viele Lügen. Alvaro Uribe, ehemaliger Präsident und Anführer der Kampagne, verkaufte der Bevölkerung, dass viele der FARC-Rebellen nur sehr kurz oder gar nicht inhaftiert werden und dass die FARC die Macht übernehmen könnte. Tatsächlich hätte sie aber nur weniger als fünf Prozent der Plätze im Kongress und somit fast keinen Einfluss bekommen. Aber warum hat die Mehrheit trotzdem gegen den Friedensvertrag gestimmt? Viele ignorante und ungebildete Kolumbianer haben Uribe geglaubt. Und viele reiche Bürger stimmten gegen den Frieden, weil sie vom Krieg nicht unmittelbar betroffen sind und eine gerechte Strafe für die FARC-Rebellen verlangen. Wie geht es nun in Kolumbien weiter? Noch am Tag der Wahl haben die Rebellengruppe FARC, Regierung und Opposition gesagt, dass sie die Verhandlungen weiterführen wollen und auf eine Einigung hoffen. Das hat uns ein wenig Hoffnung gegeben. Es ist ein langer Weg, aber ich hoffe, dass es zu einem friedlichen Ende führt. Momentan ist die Bevölkerung sehr unsicher und gespalten. Santiago, danke für das Interview. Zum Autor: Julian Hilgers, 19, studiert in Dortmund und hat für Orange von den Paralympics in Rio berichtet. Aus Südamerika hat er noch mehr Eindrücke mitgebracht. An dieser Stelle teilt er sie mit euch.