„Mir ist es egal, wer die Wahl gewinnt “, sagt Tom Miller (Name geändert). Der 21-jährige Student weiß noch nicht, wen er am Dienstag zum neuen US-Präsidenten wählen soll: Hillary Clinton oder Donald Trump. Er weiß noch nicht mal, ob er überhaupt wählen geht. Dass der Republikaner Trump eine Gefahr für die Demokratie sei, findet er nicht. „Unser politisches System ist sowieso kaputt, da ändert auch eine Trump-Präsidentschaft nichts mehr dran.“ Mädels haben mehr Angst als Jungs Miller steht für eine verzweifelte Generation von jungen Amerikanern. Nach einer Studie des Politikwissenschaftlers John Della Volpe von der Harvard Universität sorgt sich mehr als die Hälfte der 18- bis 29-Jährigen um ihre Zukunft. Am meisten verbreitet ist die Angst unter den jungen weißen Frauen (60 Prozent). 46 Prozent der dunkelhäutigen Frauen fürchten, dass es ihnen künftig schlechter geht. Bei den weißen Männern sind es 54 Prozent, bei den afro-amerikanischen Männern noch 28 Prozent. Gerade die junge Generation könnte aber die Wahl entscheiden. Laut Harvard-Professor Della Volpe wissen zwölf Prozent von ihnen noch nicht, ob und wen sie wählen. Insgesamt haben sich 15 Prozent der Amerikaner noch nicht festgelegt, berichtet das auf Daten spezialisierte Online-Magazin „FiveThirtyEight“. Das sind dreimal so viele wie zum gleichen Zeitpunkt bei der Wahl 2012. Damals genoss Barack Obama einen großen Rückhalt bei Jugendlichen. Mit seinem Slogan „Hope“ gewann der Demokrat fast 70 Prozent der Jungwähler. „Diesmal ist alles anders“, meint Student Miller. „Weder Trump noch Clinton liefern eine Vision, auf die ich setzen kann.“ Besonders schwer haben es junge Republikaner, die sich nicht mit Trump identifizieren können. Alexandra Thompson kämpfte in den Vorwahlen für Marco Rubio, den Nachwuchsstar der Republikaner. Wochenlang klingelte sie an Türen, rief Unbekannte an und organisierte Events im US-Bundesstaat Florida. „Jetzt ist es eine Wahl zwischen Pest und Cholera“, meint die überzeugte Republikanerin. Flüsternd fügt sie an: „Ich hoffe, das Clinton gewinnt“. Ein Hoffnungsträger steht nicht zur Wahl Das wünscht sich auch die 20-jährige Catherine Engelmann. „Wir werden am Dienstag die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten wählen, und ich freu mich drauf“, sagt die Anhängerin der Demokraten. Doch es gelingt ihr kaum, ihre Freunde mit der Vorfreude anzustecken. „Viele können sich nicht für Clinton begeistern, weil sie ihnen nicht progressiv genug ist“. Politikwissenschaftler John Della Volpe hält all das für gefährlich. „Der nächste amerikanische Präsident muss dieser Generation wieder Hoffnung geben“, sagt er. Ein Mann, dem das vielfach gelungen ist, steht nicht zur Wahl. Bernie Sanders, Senator aus Vermont im Norden der USA, hat vor allem unter den Jugendlichen viele Anhänger. Der 75-jährige wollte die sechs größten Banken der Vereinigten Staaten zerschlagen, Studiengebühren abschaffen, Einwanderer schneller einbürgern und die USA weniger Kriege führen lassen. Sanders trat in den Vorwahlen der Demokraten an, scheiterte aber gegen Hillary Clinton. Nun unterstützt er die Spitzenkandidatin. Unter dem Hashtag #FeelTheBern twittern Jugendliche noch immer für Sanders. Tom Miller reicht das nicht. Wenn er von Sanders spricht, leuchten seine Augen. Im nächsten Moment wird seine Stimme wehmütig: „Sanders war die Chance für unsere Generation.“ Zum Autor: Paul Ostwald lebt und studiert in Oxford und berichtet normalerweise aus England. Die US-Wahl verfolgt er für Orange und das Handelsblatt aus Washington. Was haltet ihr vom US-Wahlkampf? Schreibt mir oder diskutiert mit uns auf Facebook und Twitter! Und: Addet uns auf Snapchat unter orangehb