Josef Kraus fordert: „anspruchsvollere Bundesländer (wie Bayern) sollten die Abiturzeugnisse anspruchsloser Bundesländer (wie Berlin) nicht mehr anerkennen.“ Nicht ohne! Kraus ist immerhin Präsident des Deutschen Lehrerverbandes und er sagte das in einem Gespräch mit der Bild-Zeitung. „Nicht mehr anerkennen?“ Was soll denn das heißen? Das Abitur berechtigt Schüler, an Universitäten oder Hochschulen zu studieren. Wenn Kraus ein Berliner Abitur in Bayern also nicht mehr anerkennen will, dann heißt das: Berliner Schüler kommen in Bayerische Unis nicht mehr rein. Und wie soll das gehen? Kraus’ Forderung ist schon jetzt ein Stück weit Realität. Nicht jedes Abi aus NRW oder dem Saarland akzeptieren Bayerische Hochschulen. Es braucht noch einen Satz wie diesen: "Dem Zeugnis liegt die 'Vereinbarung über die Abiturprüfung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II' gemäß der Vereinbarung der Kultusministerkonferenz zugrunde." Klingt sperrig. Genauso sperrig wie die Forderung nach genau diesem Nachweis. Der findet sich bei bayerischen Hochschulen, wie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München. Die Regelung gilt für alle Schüler, die außerhalb Bayerns ihr Abi gemacht haben und an bayerische Hochschulen studieren möchten. Studieren darf nur, wer sein Abi an einer den "bayerischen Verhältnissen gleichwertigen Unterrichtseinrichtung" mit einem "gleichwertige Bildungsgang" gemacht hat. Uni, Ministerium – Ministerium, Uni – so nicht! Bei der LMU nachgefragt, warum das so ist, leitet mich die Hochschule weiter an das bayrische Kultusministerium, das für Bildungsaufgaben im gesamten Land zuständig ist. "Das ist keine Sache der LMU", bestätigt Thomas Pinter aus der Kommunikations- und Presseabteilung am Telefon. Beim Kultusministerium angerufen, wollte es mich zurück an die LMU verweisen. Obwohl diese Regelung ja nicht nur auf die eine Universität zutrifft. So schnell nicht! Dr. Ludwig Unger, Leiter der Pressestelle und Pressesprecher des Ministeriums, weiß, dass die Qualität des Abiturs in Bayern sehr hoch ist: „Das sehen wir an dem Vergleichstest des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB). Die Bayern, aber auch die Sachsen zum Beispiel und andere Länder schneiden da sehr gut ab.“ Das unterschiedliche Niveau der Länder habe mehrere Gründe, so Unger. Hauptsächlich seien das der Lehrplan und die inhaltlichen Kompetenzen. In Einzelfällen sei es sicherlich auch die Frage, wie gut die Lehrer ausgebildet sind. Vorpraktika und Sprachkurse sind oft Voraussetzung fürs Studium Aber ist das nicht ungerecht für einen Teil der Studienanfänger? Schließlich haben sie sich in der Regel doch nicht ausgesucht, ob sie ihr Abi in Bremen oder in Bayern machen. „Eine Hochschule kann festlegen, dass gewisse Kriterien erfüllt werden müssen“, sagt Unger. Sprachliche oder naturwissenschaftliche Fähigkeiten seien schlicht Voraussetzung für so manchen Studiengang. Der Pressesprecher nennt ein persönliches Beispiel: Wenn er in seinem eigenen Geschichtsstudium kein Latein gekonnt hätte, hätte er keine Quellen lesen können. Aber Sprachkurse, Zertifikate oder Vorpraktika sind etwas anderes als ein Abiturzeugnis, das noch anerkannt werden muss. Ludwig Unger vom Kultusministerium betont, dass bestimmte Fähigkeiten mit dem Abitur kämen: „Methodenkompetenz und wie schnell man sich Stoffe aneignen kann, wie kreativ man auch Gelerntes aufarbeiten kann, das sollte man nach dem Abitur mitbringen.“ Zum Glück keine Unterschiede bei der zentralen Vergabe Zentral für ganz Deutschland werden übrigens Studienplätze aus bestimmten Fachrichtungen vergeben. Die Stiftung für Hochschulzulassung ist dafür verantwortlich, dass 20 Prozent der Plätze für Medizin, Tiermedizin, Zahnmedizin und Pharmazie über die Abiturbestenquote vergeben werden. „Hochschulstart.de bildet keine bundeseinheitliche Notenrangliste, sondern stellt für jedes Bundesland getrennt eine Rangliste auf“, erklärt Kerstin Lütge-Varney von hochschulstart.de. Der Grund sei, dass das Abitur zwar bundeseinheitlich von allen Ländern als Studienberechtigung anerkannt sei, aber die Länder über den Weg dorthin manchmal unterschiedlicher Meinung seien. Lütge-Varney ergänzt: „Bei hochschulstart.de befindet sich jeder Bewerber nur mit denjenigen auf einer Notenrangliste, die im gleichen Bundesland – sprich: unter vergleichbaren Bedingungen – die Abiturprüfung abgelegt haben.“ Findet ihr es unfair, wenn Bayern bei der Vergabe von Studienplätzen bevorzugt werden? Oder ist es gut so, weil sie mehr in der Schule geleistet haben? Schreibt mir eure Meinung oder diskutiert mit uns auf Facebook oder Twitter! Und: Addet uns auf Snapchat unter orangehb.