Ich bin 14 Jahre alt und habe viele gute Freunde im Netz kennengelernt. Den meisten bin ich bis heute nie begegnet. Ein Lob an die digitale Freundschaft. Wir reden über Jungs, blöde Lehrer oder telefonieren stundenlang. Wir schwärmen für die gleichen Schauspieler, beklagen uns über unsere jüngeren Geschwister, die mal wieder nerven – und helfen uns gegenseitig beim Lernen für die nächste Französisch Klassenarbeit. Eigentlich wie normale Freunde. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass meine beste Freundin und ich uns noch nie persönlich getroffen haben. Nur zehn Prozent der 14- bis 19-Jährigen suchen nach Freunden im Netz Statistisch gesehen ist das selten: Nach einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag des „Coca Cola Happiness Instituts“ sucht gerade einmal jeder zehnte Jugendliche die Freunde fürs Leben im Internet. Aber auf Instagram liefert der Hashtag #ibf fast 200.000 Ergebnisse und das Online-Portal beste-freundin-gesucht.de hat nach Angaben der Gründerin Marie fast 40.000 Nutzerinnen. . dm me videos !! ⠀⠀⠀⠀ ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ ⠀⠀⠀⠀⠀ ⠀⠀⠀⠀⠀⠀⠀ song: one last time by @hannaa.str @srx1aa Ein Beitrag geteilt von Internet Friends || 21.7k❁ (@cuteibf) am 3. Jul 2017 um 7:15 Uhr Ich weiß noch genau, wann ich meine beste Freundin gefunden habe: Am 26. Juni 2016 schrieben wir in einem Forum für junge Mädchen zum ersten Mal. Seitdem chatteten wir immer öfter und immer mehr, schrieben nach kurzer Zeit per Instagram Direktnachrichten, bis wir schließlich Handynummern austauschten. Ich weiß, in wen sie verliebt ist, kenne die Berufe ihrer Eltern und bleibe auf dem Laufenden über die Treffen mit ihren Freunden. Wir schreiben uns täglich, schicken minutenlange Sprachnachrichten über WhatsApp und telefonieren oft. Die 329 Kilometer, die uns beide trennen, machen uns beiden zwar schwer zu schaffen und natürlich ist es schwierig, eine Person, die einem so viel bedeutet, nicht sehen zu können. Und trotzdem vertraue ich ihr viel mehr an, als meinen Mitschülerinnen. Das liegt daran, dass meine beste Freundin einfach alle Probleme und Situationen, die ich ihr schildere, aus einer komplett anderen Perspektive betrachtet. So bewertet sie die Situation objektiver und kann mir oft besser weiterhelfen, als meine Mitschülerinnen. Freunde im Internet kennenzulernen ist einfacher, als in der Schule! Als ich meiner Klassenkameradin einmal erzählt habe, dass mich ein Typ aus der Parallelklasse nervt, meinte sie, dass ich ihn provozieren würde – und dass es ja gar keine große Sache sei. Das ist ihr eigener Eindruck, weil sie ihn kennt. Meine Internet-Freundin dagegen weiß nur das, was ich ihr erzähle. https://twitter.com/rainbxwgxre/status/881601704071974916 Außerdem ist es einfacher, Freunde im Internet kennenzulernen! Vor allem für schüchterne Menschen wie mich. Auch wenn die Gesellschaft denkt, das Internet sei intolerant und oberflächlich – ich sehe das ganz anders. Dort lernt man zu allererst den Charakter einer Person kennen, während man im realen Leben aufs Äußere schaut. Im Internet ist das Aussehen egal, solange man sich gut versteht. Zudem bin ich überzeugt davon, dass ich meine beste Freundin niemals kennengelernt hätte, wenn wir zusammen zur Schule gehen würden. Schließlich ist sie fast zwei Jahre älter als ich. Doch der Altersunterschied hat uns nie interessiert. In der Schule würde ich nie auf Ältere zugehen, die haben ja ihre eigenen Freunde. Meine Eltern haben immer noch Bedenken wegen meiner Internet-Freundinnen Klar, Freundschaften im Internet bringen auch Nachteile mit sich. Durch die Anonymität kann jeder sein, wer er will. Und sich auch als jemand anderes ausgeben. Das ist auch ein Grund, weshalb meine Eltern Bedenken bei meinen Bekanntschaften aus dem Netz haben. Doch mit Profilbildern und Videos von ihr und unseren stundenlangen Telefonaten, können meine Eltern und ich uns sicher sein, dass es sie wirklich gibt. Zu sagen, wir wären keine richtigen Freunde, ist allerdings vollkommen falsch. Schließlich „erfüllt“ sie alle Kriterien, die eine gute Freundin haben muss. Die Entfernung ist zwar groß, aber ich kenne da einen Spruch, der die Situation ganz gut beschreibt: „True friends are never apart maybe in distance but never in heart.“ Ich kenne mehrere Leute aus dem Internet. Allerdings sind sie alle älter als ich und leben weit verteilt in Deutschland und Österreich. Eine meiner besten Freundinnen lebt nur 20 Minuten von mir entfernt und sie habe ich auch schon getroffen. Doch zwischen zwei anderen sehr guten Freundinnen und mir liegen sogar über 1.000 Kilometer. Eine von ihnen lebt im österreichischen Kärnten, die andere in Wien. https://twitter.com/einhorncrash/status/881256237039484928 Dass ich meinen Freunden im Internet mehr erzähle, heißt nicht, dass ich keine Freundinnen in der Schule habe. Es gibt da schon ein paar, die ich mag und denen ich vertraue. Aber manchmal brauche ich eben eine Außenstehende, die mir einen anderen Blickwinkel präsentiert – und mir hilft, wie es keine andere kann. Die Autorin: Maja Latussek ist 14 Jahre alt und lebt im Münsterland. Sie war für einen Tag Schülerpraktikantin bei Orange.