Dass die AfD künftig direkt neben der Regierung sitzt, ist ein Hilferuf der Bürger nach besserer Politik. Jetzt bringt die Partei frischen Wind ins Parlament – und die Wähler wieder zur Besinnung. Ein Kommentar. Vier Jahre. So lang dauert eine Legislaturperiode des Bundestags. Das klingt nach viel Zeit, oder? In der politischen Geschichte jedoch sind vier Jahre ein Wimpernschlag. Die Zeit reicht kaum, um sich in komplexe Gesetze einzuarbeiten. Geschweige denn, sie zu überarbeiten oder gar komplett neu zu entwickeln. Demnach kann die AfD bis zur nächsten Bundestagswahl nicht viel Schaden anrichten. Der Wahlerfolg der AfD ist in Wahrheit nur ein Hilferuf nach besserer Politik Vier Jahre. Ist das also nicht viel Zeit? Ich denke schon. Immerhin sind das 1.460 Tage und mögliche Fettnäpfchen, in die AfD-Politiker wie Alice Weidel, Alexander Gauland und ihre Parteikollegen treten können. 1.460 Möglichkeiten, beleidigt den Plenarsaal zu verlassen (Weidel) oder vom "Stolz auf deutsche Wehrmachtssoldaten" (Gauland) zu schwafeln. So wird den AfD-Wählern das Ausmaß ihrer Entscheidung vor Augen geführt. Leute die Angst haben vor der #afd haben. Hahaha was ist bei euch denn los. Die werden ignoriert und ihr schiebt hier Panik #BTW17 — Gruselpizza🍕 (@SusPidser) 25. September 2017 Dass fast jeder zehnte erwachsene Deutsche sein Kreuz bei der AfD gemacht hat, bedeutet nicht automatisch, dass diese Wählerinnen und Wähler die Ziele der AfD auch gutheißen. Es ist in meinen Augen viel mehr ein Hilferuf. Ein verzweifeltes Zehren nach Veränderung. Und ein Zeichen für die etablierten Parteien, dass sie es versaut haben. Ein Baby, dass um Muttermilch schreit, wird gestillt. Warum also sollten wir jene Bürger ignorieren, die sich nur danach sehnen, wieder an der Zitze von Mutter Staat zu saugen? Die AfD hat dieses Bedürfnis erkannt – und hält ihnen die Brust hin. Doch schon jetzt, nur wenige Tage nach der schicksalhaften Auszählung der Stimmen, wird deutlich, dass die AfD noch nicht einmal in den Kinderschuhen steckt, sondern erstmal das Laufen lernen muss. Erst 2013 wurde die Partei gegründet, sie ist also noch sehr jung und stolpert gern mal über die eigenen Füße. Die AfD ist schon jetzt dabei, sich zu spalten Vor allem die ehemalige Parteivorsitzende Frauke Petry zieht nicht an einem Strang mit den anderen treibenden Kräften der AfD. Sie hat sich kurzerhand abgesetzt, tritt aus der Partei aus und will als Fraktionslose für die "vernünftigen" Parteiziele kämpfen. Ein Grund für ihren Entschluss ist wohl die rechte Hetze ihrer Parteikollegen. Damit kann Petry sich nicht anfreunden. Sie wird bis zur nächsten Wahl nicht die Letzte bleiben, die aus dem babyblauen Dämmerschlaf erwacht. Fest steht auch: Auf einem rissigen Fundament kann man schlecht bauen. Video: Frauke Petry im Orange-Interview über ihre Abgrenzung zur AfD. Die AfD ist schon jetzt im Begriff, ihre eigenen Grundmauern einzureißen. Und wer will schon eine Partei wiederwählen, die so unbeholfen ist? Es gibt also nun zwei Möglichkeiten: Entweder richtet sich die AfD in den kommenden vier Jahren selbst zugrunde und zerstört sich von innen. Damit hätte sich das Problem von selbst gelöst. Oder aber, sie kommt zur Vernunft. "Andererseits könnte sich die AfD festigen und bei der nächsten Wahl zur stärksten Kraft werden", mögen jetzt manche sagen. Theoretisch ja. Praktisch wohl eher nicht. Auch, wenn es schwer fällt, glaube ich noch an den gesunden Menschenverstand. Daran, dass die Leute nicht wirklich zurück zu der Zeit von vor 20 Jahren wollen. Und daran, dass sie keinen Bock auf so viel Unprofessionalität à la Alice Weidel haben, die bekannt dafür ist, auf ruppige Art und Weise Interviews abzubrechen, sobald ihr eine Frage nicht in den Kram passt. Das hat mit Demokratie nichts mehr zu tun. Leute die Angst haben vor der #afd haben. Hahaha was ist bei euch denn los. Die werden ignoriert und ihr schiebt hier Panik #BTW17 — Gruselpizza🍕 (@SusPidser) 25. September 2017 Ich glaube nicht daran, dass 12,6 Prozent der Deutschen Rassisten sind. Stattdessen sind es nur der Verdruss, die Angst und die Wut, die seit der Silvesternacht vor gut zwei Jahren im Umlauf sind. Das hat die Menschen zur AfD getrieben. Aber das ist kein Dauerzustand. Die AfD bringt frischen Wind – und wird die Wähler zurück zu ihren alten Parteien bringen Auch im Bundestag dürften die neuen Sitznachbarn so manchem die Augen öffnen. Der Einzug der AfD bedeutet nun frischen Wind, der hitzige Diskussionen im Parlament entfachen wird. Ich finde: Das ist genau das, was nötig ist. Immer öfter hatte man das Gefühl, dass unsere Regierung die Füße still hält. Dass nichts passiert. Doch das wird jetzt anders. Wir dürfen uns auf neue Debatten und neue Ideen freuen. Die AfD war die Reißzwecke, auf die sich große Parteien wie CDU und SPD setzen mussten, um aufzuschrecken. Sie bringt den Stein ins Rollen - und wird damit im Endeffekt ihre Frustwähler an die alten Parteien zurück verlieren. Denn merken die erst einmal, dass es auch wieder anders geht, gewinnen sie das Vertrauen in SPD, CDU und CSU zurück. Die Angst, dass die AfD sich wie eine Termite ins Grundgesetz frisst, ist vorerst unbegründet. Denn mit gerade einmal 93 von 709 Sitzen wird die Jungpartei ihre Ziele bei den Abstimmungen nicht durchsetzen können. Dazu wäre sie auf einen Koalitionspartner angewiesen. Ein Wunschtraum.