Coca-Cola will für Lebensfreude stehen. Die Cola von Aldi für ... ja, was denn eigentlich? Marken leben von den Werten, die wir mit ihnen verbinden, erklärt der Konsumforscher Wolfgang Adlwarth. Nach diesem Interview siehst du den Supermarkt mit anderen Augen. Wolfgang Adlwarth weiß, was Deutschland einkauft. Der Handelsexperte der Gesellschaft für Konsumforschung kennt sich gut mit Marken aus. Ein perfekter Ansprechpartner für unsere Autorin Mona, die sich im Rahmen eines Experiments eine Woche lang nur mit Billigprodukten vom Discounter versorgt. Herr Adlwarth, warum kaufen Menschen gern Marken? Ganz ursprünglich ist die Marke eine Markierung und damit ein Qualitätssiegel, eine Herkunftsbezeichnung. Der Verbraucher kann sich darauf verlassen, welches Produkt hinter dieser Marke angeboten wird. Er weiß aus Erfahrung, dass die Qualität stimmt. +++ Außerdem bei Orange: Warum Luxuswasser völlig unnötig ist +++ Aber wenn ich ein Produkt bei Aldi kaufe, weiß ich doch auch, was ich bekomme. Das stimmt. Heutzutage signalisieren das auch Handelsmarken. Eine Handelsmarke ist mittlerweile teilweise genauso vertrauenswürdig für den Verbraucher wie eine Herstellermarke. Was ist der Unterschied? Herstellermarken sind die Marken, die von Produzenten wie Henkel, Unilever oder Nestlé kommen. Und Handelsmarken sind die Marken, die wir größtenteils bei Aldi und Lidl im Regal finden. Die Händler, also Aldi und Lidl, lassen die Produkte bei Herstellerbetrieben fertigen und bieten sie dann unter eigenen Namen an. Preis-Check: So teuer sind Markenprodukte bei Aldi Und warum vertrauen Verbraucher Produkten von Herstellermarken mehr? Wir kaufen mit einer Marke nicht nur eine bestimmte Qualität – den besonderen Geschmack oder die Waschkraft – sondern auch eine Persönlichkeit. Marken stehen für bestimmte Werte. Coca-Cola beispielweise will für Lebensfreude stehen. Die Reinigungsmarke Frosch für ein möglichst ökologisches Waschen. Man spricht auch von der DNA einer Marke... ... die Kunden aber immer weniger wertschätzen. Schließlich verlieren die Herstellermarken seit Jahren an Marktanteil gegenüber den Handelsmarken. Anfang 2017 waren fast vier von zehn verkauften Produkten von einer Handelsmarke. Sterben Markenprodukte aus? Nein, die Top-Marken entwickeln sich nach wie vor gut. Nur Marken mit Mittelmaß und ohne Profil haben es schwer bei den Kunden. Haben Sie da ein Beispiel? Nehmen wir Waschmittel. Marktführer ist Persil, danach kommt Ariel. Aber Marken wie Dasch, Dalli und Der Weiße Riese sind schon eher in der preislichen Mitte angesiedelt. Die werden von Handelsmarken angegriffen. Gleichzeitig haben Supermärkte ihre eigenen Produkte ausdifferenziert, von günstig bis Luxus. +++ Hier bekommst du Orange kostenlos per Whatsapp! +++ Inwiefern? Es gibt Preiseinstiegs-Handelsmarken wie „Ja!“ bei Rewe, die nur einen Grundnutzen bieten. Dann sind da generelle Handelsmarken wie „Rewe Beste Wahl“, die eine zusätzliche Qualität versprechen. Bei Edeka ist das etwa die Handelsmarke „Edeka Italia“ für besondere italienische Lebensmittel. Und es gibt Mehrwert-Handelsmarken wie „Rewe Feine Welt“, Gourmetprodukte bei Aldi oder „Lidl Deluxe“. Wie der Name schon sagt: bietet und kostet mehr. Bei welchen Produkten sind eher Herstellermarken beliebt, bei welchen eher Handelsmarken? Bei Handelsmarken sind Taschentücher und Toilettenpapier ganz oben. Da laufen zwei Drittel des Umsatzes über Handelsmarken. Danach kommen Molkereiprodukte, dabei muss man allerdings noch mal unterscheiden. Milch zum Beispiel hat einen sehr hohen Handelsmarkenanteil, weil das ein ziemlich generisches Produkt ist. Was heißt das? Milch ist Milch. Da können Sie nicht viele Qualitätsunterschiede feststellen. Beim Joghurt ist das anders: Da wird die Marke wichtiger, weil es auch auf Genuss ankommt. Innovationen kommen daher eher aus dem Markenbereich. Wie kann man denn bei Joghurt innovativ sein? Der „Skyr“ des schwedisch-dänischen Molkereikonzerns Arla zum Beispiel ist ein Markenprodukt mit einer ganz neuen Rezeptur: viel Eiweiß, wenig Kalorien, traditionell-isländisches Herstellungsverfahren. Da hat Arla ein neuartiges Produkt in Deutschland geschaffen und sich im Quark-Markt sehr gut etabliert. Verbraucher mögen das. +++Außerdem bei Orange: Ganz nett hier. Aber ist das noch Aldi?+++ Auch Aldi stellt immer mehr Herstellermarken ins Regal. Warum? Aldi hat lange geglaubt, man käme ohne Marken aus. Aber mit dem steigenden Qualitätsanspruch war dann irgendwann klar: Aldi braucht in den wichtigen Kategorien doch die Topmarken. Jetzt gibt es Nivea bei der Körperpflege, Coca-Cola bei den Limonaden, Ferrero und Milka bei den Süßigkeiten. Das zeigt: Ein guter Supermarkt braucht beides. Kommt es vor, dass Handelsmarken die Hersteller kopieren? Ja, teilweise überholen sie die sogar. Ein gutes Beispiel ist die Molkerei Gropper aus Bayern: Früher waren die unter eigener Marke zu finden – aber da haben sie sich zurückgezogen und machen nur noch Handelsmarken. Sie entwickeln mit den Händlern die Produkte. Zum Beispiel haben sie in ganz kurzer Zeit das Arla-Produkt „Skyr“ für Lidl nachentwickelt und waren nur einige Monate später am Markt. Im nächsten Schritt haben sie dann einen eiweißreichen Milchdrink entwickelt – und das sogar noch schneller als die Marke. Herr Adlwarth, vielen Dank für das Interview.