Der chinesische Elektro-SUV Byton ist mit einem Preis von rund 40.000 Euro billiger als Tesla und hat eine ähnliche Reichweite. Hinter dem Unternehmen steckt ein Deutscher, der vorher für BMW Elektroautos entwickelte. (Artikel von WirtschaftsWoche) Eigentlich beginnt die weltgrößte Technologiemesse, die Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas, erst am heutigen Dienstag. Der Montag ist für Pressetermine vorgesehen. Doch um sich die ungeteilte Aufmerksamkeit zu sichern, hat der chinesische Auto-Neuling Byton schon am Sonntagnachmittag um ein Uhr nachts deutscher Zeit zur Pressekonferenz geladen. Der Trick gelang; Byton dürfte in den kommenden Tagen für einige Furore sorgen. Auf der Techmesse und darüber hinaus. Den Elektroauto-SUV von Byton könnte es schon 2019 in Deutschland geben In Las Vegas mangelt es zwar nicht an futuristischen Fahrzeug-Entwürfen und originellen Designs, deren Reaktion auf das Publikum getestet wird und die den Ideenreichtum der Autobauer und ihrer großen Zulieferer demonstrieren. Doch das rein elektrisch angetriebene Byton-Fahrzeug zeigt eindrücklicher und vor allem schon sehr viel konkreter als andere Entwürfe, wie wir uns das Autofahren in naher Zukunft vorzustellen haben. https://www.youtube.com/watch?v=xif0bkpbjLw Im Video: Die erste Fahrt mit dem Byton SUV. Der Byton ist nicht nur eine kreative, technisch zwar beeindruckende, aber hinsichtlich der tatsächlichen Produktion noch sehr vage Ankündigung, wie sie die Hersteller sonst gerne auf Terminen wie der CES präsentieren – viele Jahre und viele Milliarden Euro Entwicklungskosten davon entfernt, in großen Stückzahlen produziert zu werden. „Unser erstes Serienauto wird schon 2019 in China bei den Händlern stehen, 2020 dann in den USA und in der zweiten Jahreshälfte auch in Europa", sagte Byton-Chef und Gründer Carsten Breitfeld. Er käme damit in Europa etwa zur gleichen Zeit wie Elon Musks Tesla Model 3. Byton SUV hat keine Türgriffe, dafür aber einen 125 Zentimeter-Bildschirm Obwohl der Byton also schon nahe an der sogenannten Serienreife ist, das Fahrzeug also schon bald in großer Stückzahl produziert werden kann, wurde das Elektroauto so radikal für die Elektromobilität und autonomes Fahren konzipiert wie bisher kein anderes Auto. Derart radikal, dass die Ingenieure und Designer so gut wie jede Stelle, an der der Mensch mit dem Auto in Berührung kommt, neu konstruiert und konzipiert haben: Ein Lenkrad gibt es vorerst noch. Doch bereits beim Einsteigen beginnt die automobile Zukunft: Türgriffe sucht man vergebens. Eine Gesichtserkennungssoftware identifiziert befugte Nutzer und entriegelt das Auto. +++ Außerdem bei Orange: Die größten Mythen über Elektroautos im Faktencheck +++ Auch Außen- und Rückspiegel fehlen, diesen Job übernehmen insgesamt drei Kameras. Ihre optischen Signale werden in Daten gewandelt und in einem riesigen Display unter der Windschutzscheibe zu einem digitalen Panorama-Bild zusammengefasst. Da kann Tesla nicht mithalten: Byton präsentiert Elektroauto mit Mega-Display https://t.co/mhykDLsBjG pic.twitter.com/QL0AOrXkyu — Andreas B. Lindner (@andreaslindner) 8. Januar 2018 Shared Experience Display nennt Byton den fahrenden Flatscreenfernseher. Ein riesiges digitales Armaturenbrett, das mit 1,25 Metern fast so breit wie der ganze Wagen ist, mit 25 Zentimetern vertikaler Ausdehnung aber gerade so hoch, dass es den Blick der Fahrerin oder des Fahrers auf den Verkehr nicht beeinträchtigt. Ein Elektroauto, so einfach nutzbar wie ein Smartphone? Es kann bis zu drei Info-Fenster nebeneinander anzeigen: Außer dem digitalen Bild, das die Rückspiegel ersetzt, etwa die Landkarten des Navigationssystems oder die Nutzeroberflächen verschiedener Apps, die die Fahrgäste auf ihren Smartphones mitbringen, zum Beispiel Musikstreaming. Damit der Fahrer die Hände nicht mehr vom Lenkrad nehmen und den Blick nicht vom Verkehr abwenden muss, lässt sich das Ganze mit Gesten und Sprache steuern. Es gibt keine Hebel, Schalter oder Knöpfe mehr im Byton. Die Bedienelemente des Autos selbst, wie Scheibenwischer, Blinker oder Licht, werden über ein kleineres Display in der Mitte des Lenkrads gesteuert. Dieses Konzept kennt man zwar schon von Teslas Model 3. Doch die Byton-Ingenieure gehen einen Schritt weiter: Die Gesichtserkennungssoftware öffnet nicht nur die Türen, sie erkennt auch regelmäßige Byton-Fahrer und -Mitfahrer anhand deren Nutzerprofile, die online hinterlegt werden können. Diese Profile werden dann auf das große Display unter der Windschutzscheibe gespielt, die Sitze in die bevorzugte Position gefahren, auf Wunsch wird die persönliche Musik von den Playlists des anwesenden Nutzers eingespielt. Breitfeld sagt: „Das Auto wird so nahtlos in den digitalen Alltag der Kunden integriert wie ihr Smartphone." Byton-Chef Carsten Breitfeld: Lebenslauf aus der klassischen Autoindustrie Bryton-Chef Breitfeld ist in der Autoindustrie kein Unbekannter. Bevor er nach China ging, leitete er jahrelang BMWs Elektroauto-Untermarke BMWi. Als der erhoffte Markterfolg der bayerischen Elektroautos i3 und i8 ausblieb und der Konzern Breitfeld das Geld kürzte, ging er nach China und gründete die Future Mobility Corporation, wie Byton bis vor kurzem hieß. Obwohl Breitfeld selbst und seine Kollegen alle aus der klassischen Autoindustrie mit Benzin- und Dieselmotoren kommen, ist für ihn völlig klar, „dass das Auto der Zukunft sowohl autonom als auch elektrisch sein wird". Die beiden Trends autonomes Fahren und elektrische Autos gehören für ihn unweigerlich zusammen, langfristig sind Benzin- und Dieselmotor sowie Lenkrad seiner Meinung nach Auslaufmodelle. https://twitter.com/kaepten_hook/status/950337593102733312 „Nach meiner Auffassung ergänzen sich diese beiden Technologien hervorragend. Der Komfort, den autonomes Fahren in Elektrofahrzeugen bietet, die Möglichkeiten, seine Zeit anders zu verbringen als ständig die Straße, den Verkehr und die umgebende Umwelt im Fokus zu haben, all das wertet das Fahrerlebnis deutlich auf", sagt Breitfeld in Las Vegas. Und fügt hinzu: „Wir erweitern diese Technologien noch um das ganz besondere Innenraumerlebnis, das unser Auto bietet." Byton bietet mehr Technik für autonomes Fahren als Tesla So ist es nur konsequent, dass die Byton-Leute in ihr Auto so viel Hard- und Software zum autonomen Fahren gesteckt haben, wie es eben möglich ist. Mehr als Audi, BMW, Daimler und sogar Tesla: Kameras, Ultraschallsensoren, Laserscanner und Radar sind an Bord. Ständige Softwareupdates sollen wie bei Tesla dafür sorgen, dass die umfangreiche Hardware ihre Pferdestärken auch auf die Straße bringt. +++ Außerdem bei Orange: Warum Tesla nicht liefert +++ Zu seinem Marktstart soll das Byton-Auto dann nach Level vier (von fünf) auf der sogenannten Autonomieskala fahren. Diese Skala legt fest, wie viel ein Fahrer das Auto noch unterstützen muss. https://www.youtube.com/watch?v=BzMCqows8E8 Im Video: Autonomes Fahren - die Bahn erklärt mit einem Zwinkern wie das aussehen könnte. Level vier würde bedeuten, dass der Fahrer das Lenkrad nicht nur beim Fahren loslassen, sondern sich tatsächlich mit anderen Dingen beschäftigen, also etwa lesen oder schreiben könnte, weil er das Auto nicht mehr ständig überwachen muss. Andere Hersteller wollen frühestens 2021 Level-vier-Autos auf den Markt bringen. Aber auch in China wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Mit einer „Tankfüllung kommt das Byton-Auto realistisch betrachtet bis zu 400 Kilometer weit. Das ist in etwa das, was Daimler mit seiner EQ-Serie, Tesla mit dem Model 3 und VW mit der ID-Plattform Ende 2019/Anfang 2020 auch hinbekommen werden. Ein Quantensprung ist das nicht, die Physik lässt sich eben nicht so leicht austricksen. Ein Elektroauto mit Teilen aus den USA, Deutschland und China Byton-Chef Breitfeld pendelt derzeit zwischen drei Erdteilen. Die Chip-Technik für das innovative Bedienkonzept und die Software stammen aus Kalifornien, das Designzentrum für das Auto steht in Ismaning bei München, gebaut werden soll die Byton-Plattform, auf der neben der jetzt präsentierten Variante bald zwei weitere reine E-Autos entstehen sollen, in Nanjing westlich von Shanghai. +++ Hier bekommst du Orange kostenlos per Whatsapp! +++ 1,7 Milliarden Dollar will FMC dort investieren. Das ist ein Bruchteil dessen, was Tesla, VW oder Daimler in den Aufbau ihrer Elektro-Massenfertigung stecken. Wie erklärt Breitfeld die Diskrepanz? 45.000 Dollar: Warum ist der Preis für den Byton so niedrig? „Bei der Kalkulation helfen schlanke Prozesse und unser Unternehmenssitz. In China werden Lösungen etwa für den Bau von Produktionsanlagen schnell angenommen und von den Behörden unterstützt. Wir sind mit unserem Werk in der Provinz Jiangsu ein sogenanntes Superprojekt, das der Gouverneur dort persönlich fördert", sagte der Ex-BMW-Manager. # BYTON Concept World Premiere # BYTON Concept, the next generation smart device was premiered by the two co-founders: Carsten Breitfeld and Daniel Kirchert at CES #CES #consumerelectronicsshow #timetobe #smartcar #startup #electriccar #smartdevice #bytonpremiereCES #bytonconcept pic.twitter.com/3z5BCBclTC — BYTON (@BYTONcars) 8. Januar 2018 Außerdem hat Byton prominente Investoren: Der chinesische Internetkonzern Tencent ist ebenso beteiligt wie der taiwanesische Apple-Zulieferer Foxconn. Allerdings dürfte das Geld für den Aufbau einer Massenproduktion von 300.000 Autos, von denen jedes nur 45.000 Dollar – derzeit wären das 38.000 Euro – kostet, im Jahr trotz günstiger Bedingungen in China nicht ganz reichen. Deswegen könnte Byton langfristig an die Börse gehen, um sich zu finanzieren. Ob das alles reichen wird, die anspruchsvolle chinesische Kundschaft zu überzeugen? Beim Publikum in Las Vegas jedenfalls kommt das Auto schon mal gut an. Der Autor: Stefan Hajek ist Redakteur bei der WirtschaftsWoche und Experte für Elektromobilität.