Selbstmarketing ist wichtig für die Karriere. Die gute Nachricht: Menschen von sich zu überzeugen lässt sich lernen – und macht dich nebenbei selbstbewusster. (Artikel von Handelsblatt) Wer beruflich vorankommen möchte, muss sich und seine Leistungen verkaufen können. Egal ob bei der Präsentation eines Projekts, in Gehaltsverhandlungen oder beim Pitch einer innovativen Idee bei der Chefin. Wer nicht für sich trommeln kann, wird nicht gehört – und kommt nicht weit. Das klingt erstmal einfach, aber viele haben Hemmungen, sich selbst darzustellen: zu albern, zu arrogant, zu anbiedernd, so die üblichen Bedenken gegen jede Form des Selbstmarketings. Dürfte doch ohnehin jedem klar sein, wer hier was leistet, oder? Menschen überzeugen lernen: 5 Tipps für mehr Überzeugungskraft Nein, sagt Monika Matschnig. Die Psychologin ist eine der gefragtesten Trainerinnen im deutschsprachigen Raum, wenn es um Körpersprache und Wirkungskompetenz geht. Sie sagt: „Wenn du es heutzutage nicht schaffst, gut zu wirken, gut zu reden und dich gut zu präsentieren, dann wirst du nicht gesehen, nicht gehört und auch nicht verstanden.“ https://www.youtube.com/watch?v=91xWVzgru90 Und womöglich auch nicht weiterbefördert, wie eine Studie des IT-Konzerns IBM bereits in den Neunzigern nahelegte. Damals befragte das Unternehmen Führungskräfte nach den Beförderungspraktiken im eigenen Haus. Ergebnis: Entscheidend für eine steile Karriere war aus Sicht der oberen Bosse vor allem das Image und die Bekanntheit einer Person. Leistung spielte für sie nur eine untergeordnete Rolle. „Das heißt aber nicht, dass Inhalte überhaupt nichts zählen“, mahnt Dieter Krautwald, Karrierecoach aus Düsseldorf. Gute Leistungen seien vielmehr die Grundvoraussetzung für beruflichen Erfolg. „Das wird als gegeben hingenommen“ – von ein paar Blendern einmal abgesehen. Wer also erfolgreich sein will, müsse beides können: starkes leisten und die eigenen Ergebnisse entsprechend verkaufen. Dazu gehört auch sich bei Entscheidungsträgern immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, da zu sein, wenn man gebraucht wird und zusätzlich mit eigenen Themen eine Agenda im Unternehmen zu setzen. Doch wie klappt das? Wie vermarktet man sich selbst, ohne sich dabei zu blamieren? Wir haben Manager, Experten und Praktiker nach ihren Selbstmarketing-Tricks gefragt und die besten Tipps für dich zusammengestellt. Menschen überzeugen lernen – Tipp 1: Kenne deinen Chef! Genau so wie ein Verkäufer seinen Kunden in- und auswendig kennen sollte, um ihm das passende Produkt zu verkaufen, solltest du beim Verkaufen eigener Ideen und Projekte ebenso die Vorlieben und Macken deiner Chefin kennen – und die Verkaufstaktik entsprechend anpassen. Es gibt drei Typen von Führungskräften: Typ 1 – der Lockere. Er ist einfach zu knacken, zumindest wenn man genauso lässig auftritt wie er selbst. Wenn es um neue Ideen geht, ist der lockere Cheftyp offen, aber er muss von einer Sache nicht nur überzeugt werden, sondern für sie brennen, um dabei zu sein. Dafür muss er auch die Leidenschaft seines Gegenübers spüren. Wilde Gesten sind also ausdrücklich erlaubt. Um das Feuer zu entfachen, braucht der lockere Cheftyp erst einmal Smalltalk zum Auftakt, man darf ihm viele Fragen stellen, Meinungen und Ansichten gibt er gerne weiter. Was er wissen will: Wie sehr bewegt deine neue Idee unsere Kunden? Was er braucht: ein gutes Gefühl. Wie er entscheidet: zustimmend, wenn du ihn einmal eingewickelt hast. Typ 2 – der Dominante. Er ist noch immer der häufigste Cheftypus hierzulande. Hier ist Smalltalk fehl am Platz. Es geht direkt um dein Anliegen. Was nicht nur schöne Seiten hat: Stell' dich drauf ein, dass du unterbrochen wirst – entweder mit Fragen oder weil das Telefon klingelt („kann denn hier keiner selbstständig arbeiten?“). Es gibt 2 Arten von Menschen. Und mein Chef ist die 3. — Mille (@mille_kraft) 15. September 2017 Bring' nicht zu viele und wirklich nur deine stärksten Argumente (eine Faustformel findest du in Tipp 4) – und lass' auch sonst keine Schwäche aufblitzen. Was er wissen will: Was es kostet, was es dem Unternehmen bringt und was es ihm bringt – und zwar in einem Satz. Was er braucht: seine Ruhe. Wie er entscheidet: vor allem sofort. Typ 3 – die Analytikerin. Sie ist selbst nicht die beste Selbstvermarkterin, Rhetorik und Körpersprache hat sie zwar mal in einem Seminar lernen müssen, aber darin nie wirklich einen Nutzen gesehen. Mit großen Gesten brauchst du es gar nicht erst probieren, sie findet die Schwachstelle deiner Idee sowieso. Stell' dich auf Detailfragen ein, diese Chefin braucht schließlich eine gute Grundlage für ihre Entscheidung. Bis die getroffen ist, kann es dauern – dann aber ist die Analytikerin ein verlässlicher Partner. Was sie wissen will: alle Vor- und Nachteile; und zwar wirklich alle. Was sie braucht: Zahlen, Daten, Fakten. Wie sie entscheidet: mit dem Satz „Das muss ich mir noch mal überlegen.“ Menschen überzeugen lernen – Tipp 2: Zur Marke werden Der entscheidende Schlüssel zum Thema Selbstmarketing steckt im Wort selbst: Marke. „In jeder Firma gibt es den einen Experten, den man zu einem bestimmten Thema immer fragen kann“, sagt Karrierecoach Krautwald. „Dein Ziel muss es sein, zu einem von diesen Experten zu werden.“ Krautwald ist überzeugt: Genauso wie Coca-Cola, Apple oder Porsche ihre Alleinstellungsmerkmale haben – englisch USP –, hat jeder Mensch einen ISP, seinen „individual selling point“. Um den zu finden, rät Dorie Clark, Autorin des Selbstmarketing-Bestsellers „Reinventing You“ etwa dazu, Freunde, Kollegen oder ehemalige Vorgesetzte um ihre Einschätzung zu bitten – und zwar in maximal drei Worten. Nach fünf oder sechs solcher Drei-Wort-Beschreibungen bilden sich Muster heraus – ein erster Hinweis auf ihren ISP. https://www.youtube.com/watch?v=NjpXs8Ymr14 Vortrag von Dorie Clark: „Finde deine bahnbrechende Idee“ Eine zweite simple Möglichkeit: Google. Tippen Sie Ihren Namen in das Feld der Suchmaschine. Stimmt dein Onlineimage mit deinen tatsächlichen Fähigkeiten überein? Was ist korrekt? Welche deiner Kenntnisse sind noch unterrepräsentiert? Hier lässt sich gezielt gegensteuern – etwa mit Blogs, Social-Media-Beiträgen oder Fachvorträgen zu bestimmten Themen, die dir wichtig sind und die du mit deinem Namen verbinden möchtest. Menschen überzeugen lernen – Tipp 3: Körpersprache verbessern „Wenn Sie jemanden wirklich überzeugen möchten, ist die Wirkungskompetenz in aller Regel wichtiger als die Sachkompetenz“, erklärt Körperspracheexpertin Matschnig. Das heißt: Was Sie sagen, verpufft bei den meisten Menschen, wenn Sie nicht daran arbeiten, wie Sie es richtig rüberbringen. Matschnigs US-Kollegin, die Harvard-Sozialpsychologin Amy Cuddy, hat bereits 2010 die Kraft der Körpersprache untersucht – mit erstaunlichen Ergebnissen. Wer zum Beispiel in Cowboy-Haltung (Füße schulterbreit fest auf dem Boden, Oberkörper gestreckt) beide Arme triumphierend nach oben reißt und diese Pose zweimal eine Minute lang hält, soll risikofreudiger und selbstsicherer in eine Verhandlung gehen. https://www.youtube.com/watch?v=C4ACeoqEjeA Harvard-Forscherin Amy Cuddy: die richtige Körperhaltung gegen Stress. Die starre Jubelpose soll den Hormonhaushalt im Körper anregen und das Stresshormon Cortisol abbauen, während der Testosteronwert im Körper steigt. Wissenschaftlich bewiesen ist die Sache zwar nicht, dafür war die Cuddy-Testgruppe zu klein. Monika Matschnig hat jedoch in der Praxis gute Erfahrungen mit dem „Power Posing“ gesammelt. „Es reicht auch, entschlossen die Hände in die Hüften zu stemmen, statt die Arme hochzureißen, und diese Position zu halten, wenn das angenehmer ist“, erläutert Matschnig. Für welche Pose man sich auch entscheidet: Die Übungen sollte am besten in geschlossenen Räumen durchgeführt werden – sonst wird aus der Power- eine Lachnummer. Menschen überzeugen lernen – Tipp 4: Fass' dich kurz! Im Ohr hat es jeder: Sobald wir nervös oder angespannt sind, neigen wir dazu, mit der Stimme am Ende des Satzes nach oben zu gehen. „Eine natürliche Reaktion“, erklärt Psychologin Matschnig. Unser Hirn signalisiere uns, dass wir in Gefahr seien – das verändere die Stimmlage. Das Problem, sagt Matschnig: „Hohe Stimmen wirken unsouverän.“ Ihr Trick, um das eigene Nervenkostüm zumindest ein bisschen abzulenken: einfach an den letzten Flug denken. „Möchte ich mich durchsetzen, habe ich eine tiefe Stimme, spreche klar und deutlich in kurzen Sätzen und gehe mit der Stimme am Ende des Satzes nach unten“, sagt Matschnig. „Exakt das machen Piloten bei ihren Ansagen im Flugzeug.“ Apropos kurze und klare Ansagen: Bereits Mitte der Fünfziger fand der US-Psychologe George A. Miller heraus, dass ein Mensch in der Regel sieben Informationseinheiten in seinem Kurzzeitgedächtnis zwischenspeichern kann. Diese heute als Miller‘sche Zahl bekannte Größe ist im menschlichen Erbbut festgelegt und kann auch mit dem teuersten Training nicht gesteigert werden. Fürs Selbstmarketing heißt das: lieber weniger statt mehr. „Der Speicher von Chefs ist per se schon ziemlich voll“, sagt Matschnig. Wer eine Idee oder sein eigenes Projekt wirkungsvoll präsentieren möchte, sollte deshalb am besten drei, maximal vier starke Punkte kurz und knapp vortragen, abwarten und drei oder vier weitere Argumente in der Hinterhand behalten – für Rückfragen. Menschen überzeugen lernen – Tipp 5: Führe Tagebuch! „Eigenlob stinkt“, „gute Leistung setzt sich von alleine durch“, „Bescheidenheit ist eine Zier“ – für Rainer Zitelmann sind solche Glaubenssätze ein wichtiger Grund, warum Menschen beruflich auf der Stelle treten. Der 61-Jährige hat in den vergangenen Jahren mehrere Bücher zur deutschen und globalen Leistungselite veröffentlicht und durch Biografie-Arbeit festgestellt, dass erfolgreiche Selbstvermarkter wie Arnold Schwarzenegger, Jim Rogers oder Coco Chanel bereits im Kindesalter ein hohes Selbstbewusstsein an den Tag legten – und sich so ihren Weg nach oben geebnet haben. Die schlechte Nachricht: „Wer diese Grundeinstellung nicht hat, hat per se schon mal einen Startnachteil im Selbstmarketing“, sagt Zitelmann. https://www.youtube.com/watch?v=xBEgpDFe8cQ Rainer Zitelmann: „Ich kenne viele Reiche.“ Doch auch Einstellungen können sich ändern, wenn auch nur langfristig. Um die Karrierekiller-Sätze, die oft noch aus dem Elternhaus stammen, langsam zu entkräften und so schrittweise zum guten Verkäufer eigener Ideen zu werden, schlägt Zitelmann ein Selbstmarketing-Tagebuch vor. „Darin dokumentierst du zum Beispiel zwei Leistungen, die du vergangene Woche an entscheidender Stelle im Unternehmen verkaufen konntest“, rät er. Durch das Aufschreiben der konkreten Situation protokolliere man die eigenen Erfolge und schließe die Arbeitswoche – wenn man sich die Notizen dann noch einmal anschaut – mit einem guten Gefühl ab. Das motiviere, um bei dem Thema dranzubleiben. „Und Hartnäckigkeit ist die wichtigste Tugend beim Selbstvermarkten“, sagt Zitelmann. Wenn das mal kein neuer Glaubenssatz werden kann. Der Autor: Lazar Backovic leitet das Team „Kultur & Karriere“ beim Handelsblatt. Mehr von Orange zu Karriere: So findest du einen Job, der wirklich zu dir passt Du willst Karriere machen? Dann mach' Überstunden! 3 Tricks für ein besseres Gedächtnis