Chinesische Onlineshops werden immer beliebter – vor allem wegen der günstigen Preise. Doch ein Besuch beim Zoll zeigt: Die Schnäppchenjagd ist riskant. (Artikel vom Handelsblatt) Wenn ein Paket verdächtig aussieht, greift der Postmitarbeiter zum Teppichmesser und schlitzt es auf. Oben rattern die Förderbänder. Auf den Tischen stapeln sich die Pakete. Die Kontrolleure der Deutschen Post nehmen eines nach dem anderen in die Hand und führen dabei ein seltsames Ritual auf: Sie schütteln die Pakete und riechen an ihnen. Aliexpress, Banggood und Gearbest: Wie der Zoll in Deutschland mit dem China-Boom kämpft Gerade hat es wieder eines erwischt. T-Shirts, Lippenstifte und exotische Medikamente fallen aus dem Paket. Die Deutsche Post kontrolliert in der Halle am Frankfurter Flughafen alle Sendungen aus Nicht-EU-Staaten. Darunter sind immer mehr Päckchen aus China. „26.000 Stück erhalten wir inzwischen täglich aus China“, sagt Marcus Redanz vom Zoll. Im kommenden Jahr rechnet er mit 40.000 Paketen. Der Grund für den Boom: Die Deutschen haben keine Angst mehr vor chinesischen Onlineshops wie Banggood oder Gearbest. Allein Marktführer Alibaba, den deutsche Onlineshopper über Aliexpress erreichen, verschickt laut eigenen Angaben täglich 50.000 Pakete nach Deutschland. Wer bei den China-Shops bestellt, muss mit langen Lieferzeiten rechnen – oft bis zu 30 Tage und länger. Will man die Ware umtauschen, ist das mühselig oder gar nicht möglich. Zudem drohen Zusatzkosten wegen der Zollbestimmungen. Doch der Geiz vieler Kunden in Deutschland wiegt offenbar schwerer. Was zählt, ist der Preis. Und hier können die Chinesen punkten – zumindest auf den ersten Blick. +++ 5 Tipps für die besten Preise beim Online-Shopping +++ Drohnen für zehn Euro, Fußballtrikots für zwölf Euro. Das klingt nach Schnäppchen. Doch wenn der Preis zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist er es meist auch. Zoll-Mann Redanz warnt nicht nur vor der schlechten Qualität der Produkte, sondern auch vor Schäden für Hersteller und Verbraucher. Gefälschte Handtaschen und Marken-Klamotten bringen Unternehmen wie Adidas, Nike & Co. um Millionen. Verbotene Medikamente oder giftige Farbstoffe, können auch krank machen. „Wir entdecken jeden Tag Unglaubliches“, erzählt Zollamtsinspektor Redanz. Dann zeigt er eine kleine Armbrust-Waffe mit Laserpointer und spitzen Alupfeilen. Die dazugehörigen Lieferpapiere deklarieren die Waffe als Kinderspielzeug. Der Zoll beschlagnahmt sie. +++ Außerdem bei Orange: Aldi ist purer Luxus. Aber nur in China. +++ Auch im Zollamt Wuppertal führt der Boom der China-Shops zu kuriosen Szenen. Eine Kundin ist extra aus dem zehn Kilometer entfernten Solingen angereist, um ein Paket aus China dort abzuholen. Weil es keine Rechnung gibt, muss sie persönlich ein ausgedrucktes Internetangebot und einen Zahlungsnachweis vorlegen. In dem Paket: Vier Mikrofaser-Putztücher. Die hätte sie statt im 14 Flugstunden entfernten Shenzen auch bei Aldi oder dm bekommen. Auch Weihnachtsengel, Turnschuhe und fragwürdige Heilmittel aus China landen regelmäßig in den Regalen. „Oft wissen die Versandkunden schon gar nicht mehr, was sie Wochen zuvor wirklich in China bestellt haben“, wundert sich Brigitte Strenger vom Wuppertaler Zoll. Neben dem Preis gibt es noch zwei weitere Gründe, warum die China-Shops immer attraktiver erscheinen. Ein Kunde berichtet von seinen Erfahrungen mit der Shopping-App Wish Einerseits werben die Shops aggressiv um Kunden. Das ist zum Beispiel die App Wish. Dahinter steckt zwar ein US-Unternehmen, Wish bietet aber vor allem chinesischen Händlern eine Plattform . Der bis dahin kaum bekannte Anbieter warb während der Fußball-WM mit Stars wie Neymar und Lionel Messi für sich. Die Wish-App wurde laut des Analystenbüros App Annie im deutschen App Store an manchen Tagen häufiger heruntergeladen als die von Amazon und Ebay. Hinzu kommt: Die China-Plattformen wirken viel seriöser als bisher. Das hat Dietmar Prümm untersucht, der beim Wirtschaftsprüfer PWC arbeitet. Von den 71 chinesischen Onlineshops, die er sich angeschaut hat, bieten 53 eine kostenfreie Zustellung bei einer Lieferzeit bis zu 25 Werktagen. Englisch ist auf den Seiten längst Standard, Anbieter wie Wish oder Gearbest liefern Erklärtexte auch auf Deutsch. Und bezahlen können Kunden oft über Paypal. „Damit erscheint ihnen der Einkauf risikolos“, vermutet Prümm. +++ Hier bekommst du Orange kostenlos per Whatsapp +++ Dass das ein Irrglaube ist, zeigt die Trophäe, die Redanz und seine Zoll-Kollegen am Frankfurter Flughafen kürzlich bekommen haben. Auf dem Fensterbrett in ihrem Büro thront ein goldener Fußball-WM-Pokal. Den hat sich ein deutscher Fan bestellt. Doch die Fifa hat sich den Pokal als Marke schützen lassen und verlangt, dass Duplikate beschlagnahmt werden. Der Pokal soll deshalb bald zerstört werden. Der Deutsche Fan wird also genauso wie die Nationalelf vergeblich auf ihn warten. Er bleibt vermutlich auf den Kosten sitzen. Und im schlimmsten Fall droht ihm auch noch ein Bußgeld. Der Autor: Christoph Schlautmann ist Redakteur beim Handelsblatt. Außerdem bei Orange: Aldi ist purer Luxus. Aber nur in China. In China kannst du jetzt mit deinem Lächeln bezahlen. 5 Tipp für die besten Preise beim Online-Shopping