Schlafen Wie sogar Morgenmuffel fit in den Tag starten

Der gute Vorsatz eines jeden Morgenmuffels: Vor der Arbeit schon eine Runde laufen. Quelle: dpa

Schnell einschlafen zu können ist ein Segen. Doch wer morgens unfreiwillig das warme Bett verlassen muss, bekommt schnell schlechte Laune. Mit diesen Tricks läuft der Morgen gemütlicher ab.

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„Ich schlafe super, nur mit dem Aufstehen habe ich ein Problem“, sagte mir neulich ein Bekannter bei einem Kaffee. Er gehört zu den Menschen, die morgens heilfroh sind, dass lebenswichtige Funktionen wie die Atmung unbewusst gesteuert werden. Dabei sei es relativ egal, wie viele Stunden er zuvor geschlafen habe, beteuert er. Ein klarer Morgenmuffel.

Dafür verantwortlich ist unsere Genetik. In unserer DNA ist verortet, ob wir Eulen oder Lerchen sind. So unterteilen Chronobiologen, also Wissenschaftler, die sich mit der inneren Uhr des Menschen beschäftigen, grob die zwei Aktivitätstypen. Dabei handelt es sich aber eher um ein Spektrum. Wer morgens und mittags eine Hoch hat, ist eine Lerche, während Eulen eher abends und nachts noch Energie verströmen.

Grundsätzlich sind Kinder zunächst eher Lerchen und werden während der Pubertät zu Eulen, bis sich die natürliche innere Uhr einpendelt. Jedoch leben wir in Deutschland in einer Gesellschaft, die es Lerchen leichter macht: Kinder müssen zum Teil schon um 6 Uhr aufstehen, um pünktlich zur Schule zu kommen. Auch im Berufsleben müssen die meisten morgens schon leistungsfähig sein – oder zumindest so wirken.

Doch egal, wie fit man sich nach dem Aufstehen fühlt. Die Forschung des Berliner Schlafmediziners Ingo Fietze zeigt, dass das Gehirn erst nach 30 Minuten richtig wach ist. „Daher sollte man morgens nicht sofort aufs Motorrad springen oder mit scharfen Messern hantieren“, rät er. Anders als beim Einschlafen gäbe es keine richtige Forschung zum Aufstehen. Doch ein paar Tricks gibt es schon. Mit diesen Hilfsmitteln können sogar Morgenmuffel gut in den Tag starten. 

1.     Den Morgen vorbereiten
Eine Hilfe kann eine Morgenroutine sein, damit der ohnehin noch verschlafene Mensch auf Autopilot laufen kann und möglichst wenige Entscheidungen bewusst treffen muss. „Gerade Menschen mit niedrigem Blutdruck sollten es ruhig angehen lassen“, sagt Fietze. Heißt: Kleidung für den Tag rauslegen, den Kaffeebecher an die Maschine stellen und womöglich bereits abends den Frühstückstisch decken.

2.      Hormone nutzen

Beim Wachwerden spielt die Biologie eine wichtige Rolle, die man sich zunutze machen kann. Das Ruhehormon Melatonin steuert zu einem erheblichen Teil den Tag-Nacht-Rhythmus. Wird es im Raum heller, wird weniger Melatonin ausgestoßen und stattdessen das wachmachende Adrenalin ins Blut gepumpt. Ist es zur Aufstehzeit noch dunkel, könnte ein Lichtwecker sinnvoll sein.

Wer in der Stadt wohnt und nachts den künstlichen Lichteinfall durch Laternen mit Rollläden oder Vorhängen aus dem Schlafzimmer verdrängt, sollte diese kurz nach dem Aufstehen hochziehen. Wer ganz mutig ist, kann zudem noch das Fenster öffnen und frische, kühle Luft reinlassen.

3.      Schlummertaste vergessen
Mit einer Studie über das Snoozen sorgte US-Schlafforscher Robert Rosenberg für Aufregung. Seiner Forschung nach schadet das abwechselnde Wachwerden und Einnicken dem Organismus. Das Problem: Wir schlafen in Zyklen, die etwa 90 Minuten dauern. Ist der Körper erst einmal wach, um den Wecker auszustellen, fallen wir mit dem Einschlummern wieder in eine neue Schlafphase, die abermals abrupt abgebrochen wird. Das macht uns Rosenberg zufolge nur noch müder als zuvor. Es sei sinnvoller, den Wecker von vornherein für die Uhrzeit einzustellen, zu der man auch tatsächlich aufstehen will. Er empfiehlt zudem, den Wecker außer Reichweite zu stellen. So ist man gezwungen aufzustehen.

„In Zeiten wo ohnehin zu wenig geschlafen wird, sollte man es bis zur letzten Sekunde auskosten“, rät auch Schlafmediziner Fietze. Als Richtwert nennt er 50 Stunden die Woche. Wer unter der Woche zu wenig im Bett liegt, solle wenigstens am Wochenende ordentlich ausschlafen. „Doch die meisten arbeiten mehr und schlafen zu wenig“, weiß er aus der Praxis.

Schlafforscher aus Regensburg raten außerdem, in 90-Minuten Zyklen zu denken, also nach einer Schlafzeit von sechs, siebeneinhalb oder neun Stunden zu stellen. Der Schweizer Friedensforschers Daniele Ganser hält noch diesen, etwas unkonventionellen Tipp bereit: Da er sich täglich mit Krieg und Elend auseinandersetzt, rät er dringend dazu, morgens Musik statt Radio zu hören. So werden die Gedanken erst später mit den Katastrophen der Welt geflutet.

4.      Räkeln statt Sport
Morgens eine Runde durch den Wald zu joggen, wäre zwar gesund. Doch für einen ausgewachsenen Morgenmuffel ist das undenkbar. Dabei reicht schon wenig Bewegung aus, um den Kreislauf in Gang zu bringen. Die US-Körpertherapeutin Amy Cuddy stellte fest, dass eine „Power Pose“ - beide Arme in einem V in die Höhe strecken - bereits positiven Einfluss auf das Gemüt hat. Morgenmuffel müssen also keinen Sport machen. Es reicht aus, sich noch im Bett liegend ordentlich durchzustrecken, zu räkeln und eine Powerpose zu üben. Wer danach ganz motiviert ist, kann auch eine Minute lang im Hampelmann hüpfen: Danach sind rosige Wangen garantiert. 

5.      Kalt abduschen
Morgens heiß zu duschen, ist für Morgenmuffel eher kontraproduktiv. Denn die Wärme sorgt für Entspannung, diese wiederum fördert die Schläfrigkeit. Einfache Abhilfe: das Wasser etwas kühler einstellen. Ganz hart Gesottene können es mit einer kalten Dusche probieren. Die Brause kalt stellen und, am linken Bein angefangen, langsam immer mehr Stellen abbrausen. Das vegetative Nervensystem sorgt für den Rest.    

6.      Aufstehen üben
Tim Schlenziger, der unter dem Namen mymonk zu Themen wie Selbsthilfe und Spiritualität bloggt, stellt eine ganz spezielle Methode vor. Er meint, dass man das Aufstehen nach dem ersten Klingeln des Weckers einfach mehrmals üben soll. Am besten mitten am Tag, wenn man noch gar nicht schlafen geht. Dabei sollte aber die Umgebung möglichst der Situation am Morgen ähneln. Also Vorhang zu, Pyjama an, in die Schlafposition legen, Wecker stellen und ruhig liegen bleiben. Klingelt der Wecker, sollte man sofort aufstehen. Damit soll der Aufstehprozess eingeübt werden, sodass wir morgens müde und schläfrig einfach der (neuen) Gewohnheit folgen, statt dem inneren Schweinehund. Der Pavlov‘sche Hund lässt grüßen.

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