Vonovia ist Deutschlands größter Wohnungskonzern und macht immer größere Gewinne. Viele Mieter sind aber gar nicht glücklich. Hier erklären wir dir, wie der Konzern sein Geld verdient und warum es so viel Kritik gibt. Erik wohnt in der Dresdner Südvorstadt schon seit 2012 in derselben Wohnung. Jetzt fürchtet er, dass er sich die Miete seiner Drei-Zimmer-Wohnung bald nicht mehr leisten kann. Denn sein Vermieter will die Wohnung moderner machen und einen Balkon anbauen. Das Besondere: Eriks Vermieter ist keine Person, sondern ein Konzern mit fast 10.000 Mitarbeitern: Vonovia. Vonovia: Die Kritik an Deutschlands größtem Wohnungskonzern Mit rund 366.000 Wohnungen in 400 Städten und Gemeinden ist das Unternehmen der größte Vermieter Deutschlands, Erik ist einer von einer Million Menschen, die in Vonovia-Unterkünften wohnen. Was bei ihm gerade passiert, ist Teil der Strategie von Vonovia. Wir zeigen dir, wie das Geschäftsmodell mit der Miete funktioniert. In dieser Woche veröffentlichte Vonovia seinen Quartalsbericht für Januar bis September 2018. Wie das Unternehmen in Bochum mitteilte, stieg der Gewinn aus dem laufenden Geschäft um ein Achtel auf rund 778 Millionen Euro. Das heißt: Pro Tag verdiente das Unternehmen fast drei Millionen Euro. Wenn Chefs großer Unternehmen über ihre neuen Geschäftszahlen berichten, gleicht das in den meisten Fällen einem nüchternen Vortrag. Nicht so bei Vonovia am Donnerstag. „Wir werden unsere Investitionsstrategie dramatisch ändern“, sagte Rolf Buch, Chef des größten deutschen Wohnungskonzerns. Neben der neuen Ausrichtung unserer Investitionsstrategie blicken wir auch zurück auf spannende erste 9 Monate 2018. Das operative Ergebnis konnten wir weiter steigern, gleichzeitig werden wir über 400 Mio € in Instandhaltungen investieren. #Vonovia https://t.co/WwZzoCVGss — Vonovia (@Vonovia_SE) 6. Dezember 2018 Nachdem die Bochumer in den vergangenen Jahren stark in die energetische Modernisierung ihres Wohnungsbestands investiert haben, will man dieses Volumen für die kommenden Jahre um 40 Prozent reduzieren. Damit reagiert der Dax-Konzern auf die vielen Kundenproteste, die sich gegen steigende Mieten richten. „Wir müssen feststellen, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für den bisher eingeschrittenen Weg nicht mehr gegeben ist“, erklärte Buch. Bisher hatte das Unternehmen im Schnitt sieben Prozent der Modernisierungskosten jährlich auf die Miete umgelegt, was in Einzelfällen zu Mieterhöhungen von mehr als drei Euro pro Monat und Quadratmeter geführt hatte. Wenn man bedenkt, dass die Durchschnittsmiete von Vonovia-Wohnung bei 6,45 Euro liegt, ist das ein enormer Anstieg. Wie funktioniert das Geschäftsmodell von Vonovia? Wegen solcher Mietsteigerungen wie bei Erik ist Vonovia eines der umstrittensten Unternehmen im Land: „Überall, wo Vonovia Bestände hat, gibt es Probleme“, sagt Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbunds. Wir erklären dir, worum es im Kern geht. Das Geschäftsmodell des Konzerns hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen. Zum einen kauft das Unternehmen ständig neue Wohnungen und Objekte. Dadurch wird der Konzern immer größer und macht natürlich auch mehr Gewinn mit der Vermietung. https://www.youtube.com/watch?v=y6dwmAyyjWY Kritik an Vonovia: „Ihr solltet eure dringend eure Rechnung checken!“ Daneben verfolgt er noch zwei weitere Strategien. Vonovia modernisiert seine Gebäude häufig und legt die Kosten dafür auf die Vermieter um. Außerdem erledigt der Konzern viele Instandhaltungsarbeiten mit Tochterfirmen selbst und verdient daran. Vonovia-Kritik: Modernisierung Vonovia wertet seine Objekte auf, in dem es sie modernisiert. Auf Dauer soll das Heizkosten sparen. Für Vonovia hat das den Vorteil, dass modernere Wohnungen, etwa mit einer neuen Heizungsanlage, im Wert steigen und der Konzern danach mehr Miete verlangen kann. Das ist Eriks größtes Problem. Er wohnt seit 2012 in seiner Wohnung. Auch ohne Modernisierung stieg die Miete schon in sechs Jahren um 100 Euro auf 550 Euro. Im nächsten Jahr will Vonovia einen Balkon anbauen. Die Kosten für diese Modernisierung darf der Konzern auf die Mieter umlegen. Vermutlich muss Erik danach nochmal ungefähr 90 Euro mehr zahlen, obwohl er den Balkon gar nicht will. „Sanieren ist ja grundsätzlich gut“, findet Erik. Dass er aber dafür zahlen muss, stört ihn. Dazu kommt: Während gebaut wird, gibt es Einschränkungen. Das können kleine Dinge sein, wie Lärm oder ein kaputter Fahrstuhl. Das kann aber auch heißen, dass es kein Wasser gibt oder die Heizung nicht funktioniert. Besonders viel Aufsehen erregte vergangenen Winter ein Fall in Dresden, bei dem die 130 Bewohner eines Vonovia-Wohnhauses mehrere Monate in Sanitärwägen vor dem Haus auf Klo gehen mussten. #Vonovia #Lärm Liebe Vonovia. Seit knapp zwei Wochen habe ich diesen Lärm in meiner Wohnung zu ertragen. Langsam ist es nicht mehr witzig. #Mieter #Vonovia #Abzocker pic.twitter.com/ltxWNY2cFi — Me Myself and I (@amoews83) 4. Juni 2018 Dazu musst du wissen: Das deutsche Mietrecht unterscheidet zwischen Reparaturen oder Instandhaltung und Modernisierung. „Von Reparaturen hat Vonovia gar nichts“, sagt Mietexperte Ropertz. Normale Reparaturen muss der Vermieter nämlich einfach erledigen und darf sie nicht in Rechnung stellen. „Kein Vonovia-Mieter soll wegen Modernisierung ausziehen müssen“ Hier gibt es viel Raum für Interpretation. Was ist noch eine Reparatur und wo fängt Modernisierung an? Nicht selten versucht der Großkonzern das zu seinen Gunsten auszulegen, so der Vorwurf. Zum aktuellen Quartalsbericht reagiert Vonovia auf die Kritik. Modernisierungen, die zu einer Mieterhöhung um mehr als zwei Euro pro Quadratmeter führen, sollen in den nächsten beiden Jahren nicht kommen. „Wir versichern: Kein Mieter soll aufgrund einer Modernisierung ausziehen müssen“, sagte Vonovia-Chef Rolf Buch am Donnerstag. Vonovia saniert seine Wohnsiedlung in Witten gerade komplett. Die Kosten sind hoch und können auf die Miete umgelegt werden. Ganz legal. Und das, obwohl laut Mietern notwendige Instandhaltungen jahrelang vernachlässigt worden seien. #ZDFzoom ⏩ https://t.co/g961dwadC9 pic.twitter.com/y8xVRpttiD — ZDF (@ZDF) 28. Mai 2018 „Ich glaube aber nicht, dass damit die Geschäftsidee der letzten Jahre über Bord geworfen wird“, sagt Ropertz. Bisher legt Vonovia im Schnitt sieben Prozent der Kosten für Modernisierungsmaßnahmen auf die Mieter um. Im Schnitt sind das etwa 1,70 Euro Miete pro Quadratmeter. Für viele ändert sich also durch diese Höchstgrenze nichts. Bei Eriks Wohnung wäre das trotzdem eine Erhöhung von 110 Euro. Jana Kaminski, Sprecherin von Vonovia, betont, dass die Erhöhungen auch schon jetzt im Schnitt unter den gesetzlichen Vorgaben liegen. 2. Vonovia-Kritik: Nebenkostenabrechnung Neben der Kaltmiete zahlst du als Mieter auch Betriebs- oder Nebenkosten. Dazu gehören zum Beispiel Wasser und Heizung, aber auch der Hausmeister, Winterdienst oder Pflege der Grünanlagen. Normalerweise beauftragen Vermieter dafür externe Dienstleister. Die schreiben eine Rechnung und der Vermieter gibt die Kosten an den Mieter weiter, verdient aber selbst nichts daran. Anders bei Vonovia. +++ Außerdem bei Orange: So berechnest du die wahren Kosten für deine Miete +++ Der Konzern hat Tochterunternehmen, die diese Aufgaben erledigen. Für die Pflege der Wohnungen beauftragt der Konzern also sich selbst. Das spült Geld ins Unternehmen. Außerdem ist schwer nachzuvollziehen, ob nur notwendige Dinge erledigt werden oder ob der Konzern nicht doch viel häufiger das Treppenhaus putzt, als nötig. „Jede zweite Abrechnung in ganz Deutschland ist falsch“, sagt Ulrich Ropertz. Nicht nur bei Vonovia sei das so, sondern auch bei anderen Vermietern. Wenn man die Nebenkostenabrechnung seltsam findet, hat man als Mieter das Recht, Belege anzufordern. Diese nachzuvollziehen, ist schon schwer genug. Aus aktuellem Anlass: Fakten zu Modernisierung und Nebenkosten bei Vonovia https://t.co/1pRKhGzSr9 — Vonovia (@Vonovia_SE) 21. November 2018 Vonovia setzt aber noch einen drauf. Leistungen werden dort nicht für einzelne Gebäude oder Anlagen berechnet, sondern laut Ropertz „überspitzt gesagt für die halbe Stadt“. Als Mieter ist es dann fast unmöglich zu verstehen, welche Kosten sich wirklich auf die eigene Wohnung beziehen. Die Sprecherin von Vonovia verweist darauf, dass der Konzern unter dem Nebenkostenspiegel des Deutschen Mieterbunds liege und dass es nur verhältnismäßig wenige Fehler gebe. Aber sie gibt auch zu: „Jede Stelle, an der dort ein Fehler passiert, ist eine zu viel.“ 3. Vonovia-Kritik: Kundenservice Weniger belastend für den Geldbeutel, aber trotzdem nervtötend, ist die Organisation des Konzerns. „Die haben definitiv keinen Überblick“, sagt Erik. In einem neuen Mietvertrag war bei ihm plötzlich ein Mitbewohner aufgetaucht, der schon seit Jahren nicht mehr in der Wohnung wohnte. Wenn er ein Problem hat, muss Erik im Callcenter anrufen und hoffen, dass Vonovia sein Anliegen ernst nimmt. Ulrich Ropertz und dem Mieterbund sind Fälle bekannt, in denen Mieter aus Berlin Unterlagen anforderten und welche aus Bonn bekamen. Auch Kommunikation und Ankündigungen seien häufig missverständlich. „Es gibt eine ganze Reihe organisatorischer Defizite“, sagt Ropertz. https://www.youtube.com/watch?v=agMEnbykN-c Vonovia-Werbung: „Unsere Kunden sollen gerne bei uns wohnen.“ Auch hier will Vonovia ran: „Der Kunde profitiert von besserer Kommunikation“, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Anschreiben würden überarbeitet, es werde deutlicher auf Ansprechpartner hingewiesen und neue Mitarbeiter würden eingestellt. Die Modernisierung in Eriks Wohnung wird trotz aller Beteuerungen kommen. Der Konzern will nämlich nur Prozesse stoppen, von denen der Kunde noch gar nichts weiß. Erik überlegt noch, ob er das hinnimmt oder sich was Neues sucht. „Als Ottonormalverbraucher denkt man, man kann da nichts dagegen machen“, sagt er. Mehr von Orange zum Thema: Wie verdient die berühmt-berüchtigste Bank der Welt ihr Geld? Was ist so schlimm an Nestlé? Der Unterschied zwischen Warm- und Kaltmiete